Der SPD-Ortsverein Hochzoll blickt auf eine 115-jährige Geschichte zurück. Viel ist geschehen in diesem Zeitraum, die SPD ist zu einem festen Bestandteil unseres wundervollen Quartiers geworden. Professor Grose hat die Geschichte des Ortsvereines niedergeschrieben.
Viel Spaß mit der Lektüre!
Ihre SPD Hochzoll
Die aufblühende Metall- und Textilindustrie in Augsburg benötigte zahllose Arbeiter. Die meisten kamen in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts - ähnlich wie im Ruhrgebiet - von weit her aus ländlichen Gebieten. Auch sie fanden in gerade noch zumutbater Entfernung von den Fabriken billig Unterkunft in der sogenannten Friedbergerau.
Kleinbauern, Tagelöhner und Industriearbeiter bildeten das Proletariat, das die Ideen aufgriff, die Ferdinand Lasalle verfolgte, als er 1863 den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) ins Leben rief. In Augsburg gründete der aus Norddeutschland kommende Mechaniker Friedrich Dürr schon 1864 den ersten süddeutschen Ortsverein des ADAV. Nach seiner Gründung 1871 führte der Sozialdemokratische Verein in vielen Augsburger Stadtteilen, insbesondere in den Wertachvorstädten, Versammlungen und Schulungen durch.
Die Augsburger Aktivitäten drangen natürlich auch über den Lech herüber.Im gleichen Jahr 1871 gründete sich in Lechhausen, dem damals größten Dorf Bayerns, der Arbeiterverein Vorwärts auf sozialdemokratischer Grundlage. Das Verbot aller sozialistischer Parteien zwischen 1878 und 1890 zwang den Verein in den Untergrund. Aber bereits 1900 hatte der danach wiedererstarkte Sozialdemokratische Verein Lechhausen wieder 110 Mitglieder. Die Kraft des Vereins war so groß, dass er im selben Jahr die Sektion Friedbergerau ins Leben rufen konnte.
Dass sozialistische Gedanken in der kleinen Gemeinde Friedbergerau auf fruchtbaren Boden fielen, bezeugt das Reichstagswahlergebnis von 1893. Damals erhielt der Sozialdemokrat Schmid, seines Zeichens Redakteur in München, hier 44 Prozent der Stimmen, während er in der benachbarten Stadt Friedberg nur auf 5 Prozent kam! Einige Männer aus der Gemeinde waren schon damals Mitglieder bei den Lechhauser Sozialdemokraten.
Die Genossen Friedl und Wiedemann luden dann auch am 7. Oktober 1900 zu einer Zusammenkunft ein. Es war vermutlich die Gastwirtschaft "Zur Lechbrücke" ( heute "Goldener Stern"), die im gleichen Jahr an der Stelle einer alten Wirtschaft von der Augsburger Hasenbrauerei AG erbaut und von der Familie Wagner bewirtschaftet wurde, wo sich 18 Besucher einfanden. Nach einer zündenden Rede des damaligen südbayerischen Gauvorsitzenden Witti ließen sich 9 Männer in die Partei aufnehmen. Damit war der Sozialdemokratische Verein Friedbergerau gegründet. Von den 11 Genossen wurde Georg Wiedemann zum ersten Sektionsleiter gewählt.
Die ersten Mitglieder waren zum größten Teil miserabel entlohnte Textilarbeiter. Sie schufteten täglich bis zu 14 Stunden in den westlich des Lech gelegenen Fabriken, wie Spinnerei und Weberei Augsburg (Fabrikschloss), Aumühle (Glaspalast) oder Augsburger Kammgarnspinnerei. Ihre Frauen waren oft Schichtarbeiterinnen, die daheim auch noch die Wirtschaft zu führen und die Kinder zu versorgen hatten. Der Verein hatte in dem damals noch sehr ländlichen Ort schwere Kämpfe mit Andersgesinnten und der Obrigkeit zu bestehen. Lokalen, in denen die "Roten" verkehrten, drohte vom Bezirksamt Friedberg Militärverbot, was deren wirtschaftlicher Untergang gewesen wäre. So blieb das zu Augsburg gehörende Gasthaus "Zur Lechbrücke" das einzige Versammlungslokal. Obwohl nur kleine finanzielle Opfer gebracht werden konnten, entwickelte sich in den ersten Jahren des Jahrhunderts ein reges und aufstrebendes Parteileben.
Friedbergerau heißt seit 1905 Hochzoll. 1913 wurde Hochzoll ein Stadtteil von Augsburg. Damit wurde die Sektion auch der Augsburger Parteiorganisation angegliedert. Im ersten Weltkrieg (1914 - 1918) versuchten die Genossen, ihre sozialistischen Prinzipien mit den nationalen Interessenin Einklang zu bringen. Auf einer Versammlung im April 1915 sprach Otto Händel, der Gastwirt eines Arbeitertreffs am Oberen Graben, zum Thema "Unsere Maßnahmen während des Krieges" und der Genosse van der Meulen hielt einen Vortrag über "Moderne Weltanschauung". Bei der ersten Wahl zur Nationalversammlung nach dem Krieg wurde die SPD 1919 mit fast 47 Prozent in Augsburg die stärkste Partei. Das gelang bei der Reichstagswahl im Dezember 1924 noch einmal, allerdings nur mit 35 Prozent.
Am 25. Oktober 1925 feierte die sektion Hochzoll ihr 25jähriges Bestehen. Georg Wiedemann, der den Verein immer noch leitete, begrüßte viele Genossen aus Augsburg, Lechhausen, Friedberg und Mering unter der eigens zu diesem Ereignis angefertigten Sektionsfahne. In Augsburg stimmte 1928 ein weiteres Mal die Mehrheit (37 Prozent) für die SPD. Nach 30 Jahren als Sektionsleiter mußte Georg Wiedemann 1930 wegen Krankheit zurücktreten. Zum Nachfolger wurde Anton Meier gewählt, der die Sektion noch bis 1933 führen konnte. 1932 wurde der Augsburger SPD-Ortsverbandsvorsitzende Josef Felder in den Reichstag gewählt.
Die Weltwirtschaftskrise und die hohe Arbeitslosigkeit treibt in dieser Zeit die meisten Wähler der NSDAP zu. Bei der Reichstagswahl vom März 1933 fällt die SPD in Hochzoll auf knapp 21 Prozent der Stimmen, während die Nationalsozialisten über 43 Prozent erzielen, sogar mehr als in der Gesamtstadt (32 Prozent). Noch im gleichen Monat verabschiedet der Reichstag das Ermächtigungsgesetz. Nur die Sozialdemokraten, unter ihnen Josef Felder, stimmen geschlossen dagegen. Danach wird die SPD verboten. Ihren Anhängern bleibt nur noch der Weg in den Untergrund oder ins Exil. Für die Augsburger "Revolutionären Sozialisten" sei hier nur stellvertretend Bebo Wager genannt, der nach neunjähriger Untergrundtätigkeit 1943 hingerichtet wurde. Aus Hochzoll ist nur bekannt, daß der Genosse Haberl die Sektionsfahne auf seinem Dachboden versteckte, wo sie im Februar 1944 bei einem Luftangriff leider verbrannte.
Nach Ende der Nazidiktatur 1945 bemühten sich Vorkriegsmitglieder um die Neuorganisation der SPD in verschiedenen Stadtteilen. Anfang 1946 wurde die Partei von der amerikanischen Militärregierung wieder lizensiert. Die Sektion Hochzoll, die sich jetzt Ortsverein nannte, wählte 1946 Heinrich Wissmann zum Vorsitzenden. Obwohl der Stimmanteil der SPD in Hochzoll bei Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen mit wenigen Ausnahmen immer etwas unter dem der in Bayern herrschenden CSU lag, konnten die SPD-Stadträte für Hochzoll viele herausragende Maßnahmen durchsetzen, um die Infrastruktur für den lebenswerten Stadtteil zu schaffen. Erwähnt seien beispielhaft das Europadorf für heimatlose Ausländer von 1958, die neuerbauten Volksschulen in Hochzoll-Süd und Hochzoll-Nord, die nach fortschrittlichen städtebaulichen Plänen errichteten Wohnsiedlungen der Neuen Heimat, das Naherholungsgebiet Kuhsee sowie das moderne Rudolf-Diesel-Gymnasium, das 1976 seine Pforten öffnete. Dabei ist zu erwähnen, daß in der Zeit des größten Wachstums von Hochzoll die SPD in Augsburg 26 Jahre lang den Oberbürgermeister stellte, nämlich Wolfgang Pepper (1964-1972) und Hans Breuer (1972-1990)
Das rasche Wachstum und die damit verbundene rege Bautätigkeit haben natürlich das Siedlungsgefüge und das Ortsbild stark verändert. Fragt man ältere gebürtige Hochzoller, so kommt oft Wehmut auf über zunehmenden Verlust an Altvertrautem. Hinzu kommt die rapide Zunahme des Verkehrs sowohl auf den viel zu engen Straßen als auch auf den Eisenbahnlinien, die Hochzoll durchschneiden. Unfallgefahr, Abgas- und Lärmbelästigung sind zu gravierenden Problemen geworden, die die Lebensqualität beeinträchtigen.
Seit 1988, als Heinz Paula zum Ortsvereinsvorsitzenden und Lieselotte Grose zur Stellvertreterin gewählt wurde, hat sich die SPD Hochzoll auf die Fahnen geschrieben "Unser Hochzoll lebenswert gestalten". Seither zielen die Aktivitäten mehr auf Verbesserung der Infrastruktur im Stadtteil als auf Wachstum und Erweiterung. Neue Baumaßnahmen Beim Lehmbau und bei der Volksschulerweiterung konnten sogar erhebliche Widerstände der CSU überwunden werden. Der Ortsverein der SPD Hochzoll hat viel erreicht, aber es gibt in Zukunft auch noch viel zu tun.
Nach der Wahl des Hochzoller Stadtrats Heinz Paula zum Vorsitzenden der Augsburger SPD legte er den Vorsitz im Ortsverein nieder. Auf der Jahreshauptversammlung der SPD Hochzoll am 25. Februar 2000 wurde Bezirksrätin Lieselotte Grose einstimmig zur Vorsitzenden gewählt. Damit übernahm nach genau 100 Jahren erstmals eine Frau das Ruder bei der SPD Hochzoll. Im März 2004 gab es einen erneuten Führungswechsel beim Ortsverein Hochzoll, Stefan Quarg wurde zum Vorsitzenden gewählt. Der letzte Führungswechsel vollzog sich am 13. März 2017, Gregor Lang ist seitdem Vorsitzender des Ortsverein Hochzoll.
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